Wie viel Verkehrsberuhigung ist möglich? Kontroverse Diskussion um Kiezblocks und aktueller Stand

Update 19.05.2025: Nach Aussage der Pressestelle des Bezirksamtes Mitte verhandelt der Bezirk zurzeit mit der Senatsverwaltung, ob und wie das Modellprojekt „Kiezblocks in Mitte“ umgesetzt werden kann. Bis zur endgültigen Klärung läuft das Projekt weiter wie geplant.

Pressemitteilung der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt vom 15.05.2025: „die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt hat in einer Mitteilung am 15.05.2025 den Bezirk Mitte informiert, dass mit sofortiger Wirkung das mit Mitteln des Senats von dem Bezirk durchgeführte Modellprojekt Fußverkehr „Kiezblocks in Mitte“ zu beenden ist, die diesbezüglichen Planungen einzustellen sind und ferner keine Finanzierung mehr erfolgt“.

Hier können Sie einen Artikel des rbb zur Bekanntgabe lesen.

Der nachfolgende Artikel wurde am 12.05. erstellt:

Es ist erklärter Wille der BVV in Mitte, den Auto-Verkehr im Bezirk zu reduzieren und in den Wohngebieten zu beruhigen. Ein Mittel dafür sind die sogenannten „Kiezblocks“. Kiezblocks sind Poller oder andere Barrieren, die den Verkehr auf Hauptverkehrsstraßen umlenken und den Durchgangsverkehr in Wohngebieten stoppen sollen. Die Wohngebiete sollen aber nach wie vor für die autofahrenden Anwohnenden, den Lieferverkehr sowie Polizei und Rettungsdienste erreichbar bleiben. Auch im Brunnenviertel könnte es bald verkehrsberuhigende Maßnahmen geben. Aber die sind nicht unumstritten.

Spaziergang zu möglichen Kiezblock-Standorten

Am Dienstag, den 6. Mai 2025, hatten die Planungsbüros „gruppe F“ und „Stratmo“ zu einem Bürger*innen-Spaziergang im Brunnenviertel eingeladen. Die beiden Büros sind vom Bezirksamt Mitte mit der Planung verkehrsberuhigender Maßnahmen beauftragt worden. Ein Bestandteil der Planungen ist die Beteiligung betroffener Anwohner*innen. Ziele des Spaziergangs waren mögliche Kiezblock-Standorte und Ecken, in denen eine Verkehrsberuhigung Sinn machen könnte. Erste Station: die Kreuzung Graunstraße / Gleimstraße.

Gekommen waren etwa 10 Anwohnende aus unterschiedlichen Gründen: Einige wollten ihren Frust über die Kiezblocks loswerden, andere wollten sich über die Planungen im Kiez informieren.

Standardisierte Auswertung von Verkehrsdaten

Dass im Brunnenviertel, genaugenommen im Gebiet „Brunnenstraße Ost“, eventuell Kiezblocks installiert werden, ist das Ergebnis einer standardisierten Erhebung der Planungsbüros: Zunächst werden Geodaten ausgewertet und notiert, wo der Durchgangsverkehr besonders stark ist. Anschließend hat es eine erste Online-Beteiligung gegeben, um herauszufinden, ob Kiezblocks von den Anwohnenden überhaupt gewollt werden. Zurzeit finden Vor-Ort-Termine statt und die Sammlung von Vorschlägen, die schließlich in die dritte Phase, nämlich eine erneute Online-Beteiligung einfließen.

Noch keine Entscheidung getroffen

Die Teams wiesen darauf hin, dass es noch keine endgültigen Entscheidungen gäbe. In Mitte werden zurzeit 28 Kieze daraufhin untersucht, ob verkehrsberuhigende bzw. -verhindernde Maßnahmen sinnvoll sind. Am Ende, so eine Mitarbeiterin des Büros „gruppe F“, werden voraussichtlich in bis zu zwölf Kiezen Maßnahmen umgesetzt.

Im Brunnenviertel wurden die Gleimstraße, sowie die Ramler- und Swinemünder Straße als mögliche Standorte identifiziert.

Mehr Staus und längere Fahrtwege durch Kiezblocks?

Eigentlich sollten auf dem zweistündigen Spaziergang alle Punkte besichtigt werden, aber dazu kam es nicht. Bereits auf der Ecke Gleim- / Graunstraße machten sich mehrere Bürger*innen Luft über die – ihrer Meinung nach – unsinnigen Kiezblocks. Zentrales Argument der Gegner*innen: Die Kiezblocks führten lediglich zu einer Verlagerung des Durchgangsverkehrs auf wenige Verkehrsachsen, was dort zu Staus und erhöhter Luftverschmutzung beitrage. Ein Bewohner des Gesundbrunnenkiezes beklagte zudem einen längeren Arbeitsweg, seitdem rund um die Bellermannstraße ein Durchkommen nicht mehr möglich sei.

Zufahrtsstraßen zum Prenzlauer Berg

Tatsächlich ist die Verkehrslenkung in beiden Gebieten, also Gesundbrunnen und Brunnenstraße Ost, eine schwierige Angelegenheit: Sowohl die Behmstraße als auch die Gleimstraße werden als Zufahrtsstraßen zum Prenzlauer Berg hin genutzt. Alternativen stellen lediglich die Bernauer- und die Osloer Straße dar. Eventuell muss die Swinemünder Brücke für den Schwerlastverkehr gesperrt werden, da sie für die aktuelle Belastung baulich nicht ausgelegt ist. Außerdem, so die Planer, sollte die Ecke Swinemünder Straße / Ramlerstraße dringend verkehrsberuhigt werden, um den Schulweg für die Schüler*innen der Heinrich-Seidel-Grundschule sicherer zu machen.

Mehr Lebensqualität durch Verkehrsberuhigung

Wie der Verkehr langfristig gelenkt werden soll, ist noch nicht klar. Klar ist hingegen das umweltpolitische Ziel, das mit den verkehrsberuhigenden Maßnahmen verfolgt wird. Nachlesen kann man dieses auf der Webseite https://kiezblocks-mitte.de/ des Büros „gruppe F“: „Kiezblocks verbessern die Luftqualität, reduzieren Lärm und fördern eine bessere Lebensqualität. Sie schaffen sichere Räume für Fußgänger*innen, insbesondere für Kinder, ältere Menschen und Menschen mit Beeinträchtigungen. Zudem stärken sie die Nachbarschaft und fördern nachhaltige Mobilität durch weniger Autoverkehr und mehr Platz für Fußgänger*innen und Radfahrende.“

Wer sich über die Kiezblocks informieren und sich an den Planungen beteiligen möchte, findet alle nötigen Infos ebenfalls unter https://kiezblocks-mitte.de/. Auf der Webseite wird zudem detailliert auf die Pros und Kontras hinsichtlich der Kiezblocks eingegangen.

Die zweite Online-Beteiligungsrunde startet voraussichtlich im Juni diesen Jahres.

Start des Kiezblock-Spaziergangs auf der Ecke Gleim- / Graunstraße.
Start des Kiezblock-Spaziergangs auf der Ecke Gleim- / Graunstraße.
Kiezblock auf der Tucholskystraße.
Kiezblock auf der Tucholskystraße.

Text/Fotos: M. Hühn, Mai 2025