"Wir merken, dass sich das Thema erweitert"

Von Februar 2021 bis Dezember 2022 organisierte der Verein RESTLOS GLÜCKLICH e.V. das Projekt “Klimafreundliches Zusammenleben im Brunnenviertel". Wie es gelaufen ist, erzählt Projektkoordinatorin Ramona Holzer im Interview.

Ramona, kannst Du kurz die Idee bzw. die Ziele eures Projektes beschreiben?
RESTLOS GLÜCKLICH setzt sich als Bildungsverein dafür ein, dass Lebensmittel wertgeschätzt werden, dass weniger Lebensmittel weggeworfen werden und dass dadurch ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz und zu gesundheitsförderlicher Ernährung geleistet wird. Das Projekt im Brunnenviertel gehört zwar auch zu unseren „Unsere Küche“-Projekten, doch der Aspekt "klimafreundliches Zusammenleben" kam noch hinzu.

Was heißt das konkret?
Ziel war es, einen Ort zu finden bzw. zu schaffen, an dem klimafreundliches Zusammenleben möglich ist und weiter gedacht werden kann. Dabei herausgekommen ist das Parklet vor dem Olof-Palme-Zentrum (OPZ) in der Demminer Straße, das wir zusammen mit den Naturfreunden Berlin und dem Team des OPZ errichtet haben. Das Parklet soll noch von Jugendlichen aus dem OPZ begrünt werden. Außerdem gibt es im OPZ eine Fairteiler-Station, die wir gemeinsam mit der Verbraucherzentrale Berlin und foodsharing aufgebaut haben. Dort können genießbare Lebensmittel abgegeben und mitgenommen werden. Die Verbraucherzentrale hat dazu ein Hygiene-Konzept entwickelt, und vor Ort können sich die Anwohnenden informieren, wie mit gespendeten oder geretteten Lebensmitteln umgegangen werden sollte. Hier gilt übrigens: Jede und jeder kann sich bedingungslos an den Lebensmitteln bedienen. Das bedeutet: Die Lebensmittel sind kostenlos und keine Person muss eine „Bedürftigkeit“ begründen.

Euer Projektstart fiel mitten in die Corona-Pandemie. Weil Workshops in Präsens nicht stattfinden konnten, wart ihr mit einem Bollerwagen mit Lebensmitteln im Kiez unterwegs. Wie kam das an?
Das kam gut an. Wir haben gerettete Lebensmittel verteilt und uns vorher überlegt, was man daraus kochen kann. Es gab also auch Rezepte dazu. Beim Verteilen konnte man ganz andere Leute ansprechen als die, die normalerweise in die Workshops kommen. Dadurch konnten wir natürlich nicht so viele Inhalte vermitteln wie in den Workshops, wo die Menschen auch emotional mit ins Boot geholt werden, aber wir konnten auf das Projekt aufmerksam machen. Einige Nachbar*innen, die Lebensmittel während unserer Verteilung erhalten hatten, haben wir auch in den Workshops wieder getroffen.

Im Zuge der Corona-Pandemie und des Ukraine-Krieges gab es ja plötzlich einen Mangel an bestimmten Produkten, z.B. Mehl und Öl. Habt ihr irgendwie merken können, dass sich die Wertschätzung gegenüber Lebensmitteln verändert hat? Vielleicht auch mit der Perspektive, dass klimabedingt solche Krisen "normal" werden?
Wir merken, dass sich das Thema erweitert. Neben den Fragen "Wie kann ich mich gesund ernähren?" und "Wie kann ich mich nachhaltig ernähren?" spielt jetzt noch die Frage "Wie kann ich Geld sparen?" eine Rolle. Viele Menschen sehen, dass es ja teure Lebensmittel sind, die eventuell im Kühlschrank vergammeln. Wir haben aber auch eine Art Erschöpfung festgestellt. Gegen Jahresende war es schwieriger, die Menschen zu aktivieren. Die Gründe dafür sind aber unklar: Sind alle ausgebrannt, haben resigniert oder liegen sie ganz einfach mit Influenza im Bett? Umso wichtiger ist es, an dem Thema dran zu bleiben - für alle Verantwortungsträger*innen. Denn es ist dramatisch, wenn sich die Menschen mit geringem Einkommen keine gesunden Lebensmittel mehr leisten können.

Ihr seid ja in ganz Berlin mit euren Projekten unterwegs und könnt vergleichen: Gibt es Unterschiede zwischen dem Brunnenviertel und anderen Kiezen?
Schön am Brunnenviertel ist, dass es hier die Projekte und Initiativen gibt, die schon lange aktiv sind. Wir wurden herzlich aufgenommen und unterstützt, vom OPZ, dem Brunnenviertel e.V. oder Caiju e.V. Es ist toll, dass sich so viele Personen für das Viertel engagieren.

Wie kann man, eurer Erfahrung nach, Leute erreichen, die vielleicht erst mal die Augen rollen, wenn sie die Begriffe "Gesunde Ernährung" oder "Nachhaltigkeit" hören, z.B. viele Kinder und Jugendliche?
Jugendliche sind eine spezielle Zielgruppe. Manche haben Kontakt zu Fridays for Future, andere interessieren sich überhaupt nicht für solche Themen. Gut ist, dass man immer irgendwo andocken kann: Bei den einen an das Thema Klimaschutz, bei anderen an das Thema Muskelaufbau und Proteine. Manche Aktionen verlaufen auch überraschend. Wir haben in Zusammenarbeit mit Caiju e.V. gemeinsam mit Jugendlichen Lebensmittel fermentiert und die fanden das total abgefahren. Vor allem, der Körpereinsatz beim „Kohlkneten“ für das Sauerkraut dürfte lange in Erinnerung bleiben.

Was, glaubst Du, wirkt von eurem Projekt im Brunnenviertel längerfristig nach?
Auf jeden Fall das Parklet und der Fairteiler. Das Parklet lädt zum Austausch ein. Vielleicht kommen den Anwohnenden dort noch mehr Ideen, wie das Viertel klimafreundlicher gestaltet werden kann. Wir wollen am Parklet auch noch eine Plakette mit einem QR-Code anbringen, der zu Ernährungs- und Klimatipps auf Deutsch, Türkisch und Arabisch verlinkt. Darunter übrigens auch Tipps zum Energiesparen in der Küche. Das ist das erste Mal, dass wir Texte im Rahmen eines Projekts übersetzt haben. Sie finden sich auch in der Broschüre "Gesund essen im Brunnenviertel", die im QM, dem Brunnenviertel e.V. sowie dem OPZ ausliegt und digital auf unserer Homepage aufrufbar ist. Es macht Spaß, die Broschüre durchzublättern und anhand der Bilder die Projektzeit nochmal lebendig werden zu lassen. Die Leser*innen werden sicherlich einige Inspirationen für ein klimafreundliches Zusammenleben im Brunnenviertel darin entdecken.

Download Broschüre "Unsere Küche im Brunnenviertel"

Nächste Veranstaltungen

20 Apr
Datum 20.04.2024 11:00 - 16:00

Komm und feiere mit uns den Frühling im Garten !

***الترجمة / Translation / Çeviri / ترجمه / Перевод/ Traducción / Tłumaczenie*** FrühlingFest_20.04.2024_dt_Mail-1.png

am Samstag 20. April ab 11 Uhr (Eintritt kostenlos):

| PflanzenMarkt

...

Mehr lesen

24 Apr
24.04.2024 18:30 - 19:15

Was wäre, wenn du einfach lachen könntest, egal ob dir gerade danach zumute ist oder nicht? Lachyoga ist eine einzigartige Methode, mit der jeder Mensch jederzeit ohne Grund lachen kann. Unser...

Mehr lesen

25 Apr
25.04.2024 17:30 - 20:00

Alle Interessierten sind herzlich eingeladen an der 5. Quartiersratssitzung der Periode 23-25, am 25. April von 17:30 - 20:00 Uhr, teilzunehmen. Die Sitzung ist öffentlich. Wir bitten um Anmeldung...

Mehr lesen