Brunnenviertel ohne Kiezläufer

Am 31. Juli endete die Arbeit von Stefan Muschinsky, der seit 2019 im Quartiersgebiet als Kiezläufer tätig war. Wie es mit den Kiezläufern im Bezirk weitergeht, ist unklar.

 

2023 kiezlaeuferQuartiersmanagerin Marleen Wilhelm, Jeanette Block von der Schildkröte gGmbH und der ehemalige Kiezläufer Stefan Muschinsky (Foto: Mathias Hühn)

Für das Quartiersmanagement, Vereine und Initiativen im Brunnenviertel war der Kiezläufer Stefan Muschinsky eine wichtige Hilfe. Muschinsky verteilte Flyer, hängte Plakate auf und unterstützte die jeweiligen Ausrichter*innen bei Veranstaltungen. Sein zweiter großer Aufgabenbereich betraf die Ordnung im öffentlichen Raum: Er schrieb auf, wo illegaler Müll abgeladen wurde, meldete dem Bezirksamt kaputte Lampen und fehlende Schilder. Auf seiner täglichen Tour durch das Viertel befüllte er zudem die drei Hundekotbeutel-Spender mit frischen Tüten. Besondere Befugnisse hatte er in seinem Job nicht: “Ich übe das Jedermannsrecht aus. Das heißt, ich melde Probleme, die jede und jeder andere auch melden kann”, so Muschinsky.
Am 31. Juli 2023 endete das Arbeitsverhältnis von Stefan Muschinsky. Der Grund: Der Kiezläufer-Job ist an eine befristete Beschäftigungsmaßnahme gekoppelt, in Stefans Fall an die Maßnahme “16i”, und die läuft nach fünf Jahren aus. 16i bezieht sich auf einen Paragraphen im Sozialgesetzbuch (SGB) II, in dem die “Förderung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung am sozialen Arbeitsmarkt” geregelt ist. Stellt beispielsweise ein Betrieb eine/n Arbeitssuchende/n nach dem 16i ein, erhält er einen Zuschuss vom Land Berlin und dem Bezirk. Definiertes Ziel der Maßnahme ist, dass die Menschen später von ihrem Arbeitgeber übernommen werden.
In Stefan Muschinskys Fall – und damit steht er nicht allein – ist sein Arbeitgeber, die gemeinnützige Schildkröte GmbH, aber kein marktwirtschaftliches Unternehmen, sondern eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft. Das heißt, eine Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis ist nicht möglich. Die Stelle von Stefan Muschinsky mit jemandem neu zu besetzen, die oder der ebenfalls über die 16i gefördert wird, scheitere an mangelnden Bewerber*innen, erklärt Christian Mertens von der Schildkröte GmbH. Grund: Die Voraussetzungen, um in die 16i zu kommen, seien so komplex, dass nur wenige Menschen sie erfüllten. Ende 2024 würde, so Mertens, ohnehin die Fördermaßnahme 16i nicht mehr verlängert werden.

Wie sieht die Kiezläufer-Zukunft im Brunnenviertel aus?
Wenn Stefan Muschinsky im Sommer aufhört, werden andere Beschäftigte von Schildkröte einen Teil seiner Tätigkeiten übernehmen, u.a. das Befüllen der Hundekotbeutel-Spender. Seine Erfahrung und Kiezkenntnisse könne man aber nicht einfach ersetzen, erklärt Christian Mertens: “Das ist ja keine Coca-Cola-Dosenfabrik, in die man einfach jemanden einstellen kann.” Grundsätzlich gehe die Beschäftigung der Kiezläufer im Bezirk Mitte aber ihrem Ende zu, ergänzt Jeannette Block, die ehemalige Projektkoordinatorin bei Schildkröte für die Kiezläufer in Mitte. Von anfangs 26 seien nurmehr sieben noch aktiv, Ende 2024 dann niemand mehr. Weil die Kiezläufer-Stellen an Abteilungen im Bezirksamt gebunden seien, müsste das Signal, dass man weiterhin welche möchte, auch von dort kommen, sagt Jeannette Block.

Plakate können nicht mehr verteilt werden

Da Stefan Muschinsky auch die Plakate für Veranstaltungen im Kiez verteilt und auf den Kieztafeln befestigt hat, fällt diese Tätigkeit mithin weg. Das Quartiersmanagement-Team bittet daher, keine Plakate mehr zum Verteilen im QM-Büro abzugeben.

Nachtrag

Ein Mitarbeiter des Olof-Palme-Zentrums hat sich bereit erklärt, zweimal im Monat Plakate an den Kieztafeln auszuhängen. Mitte und Ende des Monats werden die im Quartiersmanagement abgegebenen Plakate abgeholt und aufgehängt. Das QM bedankt sich bei Christian für die Unterstützung.