Inklusion geht alle an

Der Begriff Inklusion taucht immer häufiger auf, aber was bedeutet er eigentlich und wie kann der Inklusionsgedanke umgesetzt werden? Inklusion bedeutet, dass jeder Mensch so akzeptiert wird, wie er ist. Es gibt keine Normen, die erfüllt werden müssen. Menschen mit körperlicher oder geistiger Behinderung, unterschiedlicher religiöser oder sexueller Orientierung, verschiedener Herkunft und Hautfarbe gehören alle dazu und haben ein Recht auf Teilhabe in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens.

2009 hat Deutschland die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen unterschrieben und sich damit verpflichtet, die Inklusion von Menschen mit Behinderung voranzubringen. Inklusion ist aber erst möglich, wenn die Teilhabe aller Menschen zur Priorität erklärt wird und von Anfang an mitgedacht wird. Der Rollers e.V. will den Fragen mit der neuen Veranstaltungsreihe „Wir machen Mitte!“ – Barrierefrei! auf den Grund gehen und Anstöße zum Umdenken geben. Zu dem Thema „Inklusion in Theorie und Praxis“ fanden bereits mehrere Videokonferenzen statt. Die Konferenzen dienen der Vernetzung von Akteuren, die sich für das Thema „Barrierefreie Stadt“ engagieren. Dahinter steht die Absicht, Multiplikatoren, wie z.B. die Quartiersmanagements, die Stadtteilkoordinationen oder freie Träger für die individuellen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung zu sensibilisieren und praktische Hilfestellung zu geben.

Seit 2010 ist Alex Koch, Vorsitzender des Rollers e.V., im Brunnenviertel aktiv. Bei dem 2015 ins Leben gerufenen Projekt „Bewegungsfreiräume“ standen Menschen mit Mobilitätseinschränkung und deren Möglichkeit zur Teilhabe im sozialen Raum im Vordergrund. Dazu wurde im Gebiet des QM Brunnenstraße die Zugänglichkeit von Plätzen, Parkanlagen, Gehwegen und Gebäuden für Menschen mit Mobilitätseinschränkung untersucht. Danach wurde auch das Gewerbe im Kiez auf Barrierefreiheit überprüft. Barrierefreiheit bedeutet, dass auch Menschen mit Beeinträchtigungen Zugang haben und nicht auf Hilfe angewiesen sind. Bei dem Projekt ging es darum, Zugänglichkeitspotenziale zu identifizieren und niedrigschwellige Lösungen zu finden, um durch kleine, kostengünstige Eingriffe eine große Wirkung für die Betroffenen zu erzielen. Das Projekt Bewegungsfreiräume ist inzwischen beendet. Die in diesem Projekt entwickelte Veranstaltungsreihe zu Themen der Inklusion wird nun durch Rollers e.V. weiterentwickelt.

Noch gibt es im Alltag viele Hindernisse für Menschen mit Beeinträchtigung. So musste z.B. der Leiter des Nachbarschaftstreffs Jochen Uhländer feststellen, dass beim Bau der Bühne im Olof-Palme-Zentrum Menschen mit eingeschränkter Mobilität nicht berücksichtigt wurden. Der nachträgliche Einbau einer Rampe erweist sich als unmöglich, da bei dem vorgeschriebenen Neigungswinkel die Rampe den ganzen Raum einnehmen würde. Gemeinsam mit allen Konferenzteilnehmenden wurde nach einer Lösung gesucht. Dabei gab es den Tenor, dass grundsätzlich kreative Problemlösungen zu begrüßen sind. Wichtig ist eine spontane und machbare Umsetzung der Teilhabe von behinderten Menschen. So könnte man z.B. versuchen, eine steilere Rampe anzubringen, die nicht so viel Platz einnimmt, und den Zugang zur Bühne mit Hilfestellung ermöglicht. Jede gewonnene Erfahrung trägt dazu bei, Menschen mit Beeinträchtigung mitzubedenken und die Inklusion zu verbessern.

Ein gutes Beispiel, wie Inklusion umgesetzt werden kann, ist der Ball e.V. unter der Leitung von Frank Holzmann. Zur besseren Koordinierung der Unterstützung hat der Ball e.V. eine umfangreiche Erhebung der Menschen mit Beeinträchtigung im Bezirk Marzahn-Hellersdorf erstellt. Der Verein unterstützt diese Menschen dabei, in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld (in diesem Fall Biesdorf) Möglichkeiten für eine Teilhabe zu finden. Außerdem bietet der Verein Inklusionsberatung für Einrichtungen an, die ihr Angebot auch für Menschen mit Behinderung öffnen möchten. Darüber hinaus gibt es die „City-Lotsen“, die vor Ort den öffentlichen Raum auf Barrieren für Menschen mit Beeinträchtigung untersuchen. Dazu gehören nicht nur der Straßenraum und die Grünflächen, sondern auch öffentliche Einrichtungen.

Die neue Veranstaltungsreihe hat sehr vielversprechend begonnen und bereits wichtige Impulse gegeben. In unserer Gesellschaft muss ein grundsätzliches Umdenken stattfinden. Wie Jochen Uhländer anmerkte, sollten alle Veranstaltungen von vornherein inklusiv und barrierefrei sein. Dann müsste nur in Ausnahmefällen, wenn eine Veranstaltung nicht inklusiv ist, dies explizit erwähnt werden. Wir alle stehen noch am Anfang dieses Lernprozesses – von der gut gemeinten Integration zu einer gelungenen Inklusion. Aber von einer Gesellschaft, die von Anfang an Rücksicht nimmt und sich an ihren schwächsten Mitgliedern orientiert, können am Ende alle profitieren.

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Text+Grafik: Julia Schonlau