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16.04.2018

Nächte im Schummerlicht

Fünf Jahre ist dieser Text aus dem alten Kiezmagazin "brunnen 1/4" alt. Jetzt ist er wieder interessant, denn bei der Umrüstung der Gaslaternen im Viertel auf LED ist Halfzeit. 164 Gaslaternen wurden bereits umgerüstet, 162 folgen noch. Insofern ist dieser Text einer ehrenamtlichen Redakteurin, eine Hommage an die Gaslaternen, halbnostalgisch.


Gaslaternen und LED-Leuchten gibt es nun etwa gleich viele im Kiez. Bald werden die letzten Gaslaternen verschwinden. Foto: C. Neinaß

Allmählich wird es Frühling, die Tage werden länger. Dann werde ich die schönen Straßenlaternen hier im Brunnenviertel nur noch selten leuchten sehen. Ich meine die Gaslaternen, die mir seit den Protesten gegen ihren Abbau im letzten Frühjahr irgendwie lieb geworden sind. Sie stehen zu beiden Seiten der Brunnenstraße, und tagsüber beachtet man sie vielleicht kaum. Man schaut auf die Straßen- und Verkehrsschilder, wirft etwas in die orangefarbenen Mülleimer, oder findet einen Werbezettel. Mit Einbruch der Dunkelheit erhellen sie die Wege mit einem ganz besonderen, warmen Licht. Das könnte sich jedoch bald ändern, denn sie sollen durch Elektrolicht ersetzt werden.

 

Bevor ich ins Brunnenviertel zog, wohnte ich im Ostteil der Stadt, und Straßenbeleuchtung war fast ausnahmslos Elektrolicht. Das Licht der Gaslaternen blieb nach dem Krieg nur in Randbezirken erhalten. Im Westteil brennen sie aber noch in vielen Wohnvierteln. Nach der Blockade West-Berlins 1948/49 entschied man sich hier für ihre Instandsetzung. Noch immer gibt es fast 43.000 Exemplare in der Stadt, das ist etwa ein Fünftel aller Straßenlaternen Berlins.

 

Das goldgelbe Licht der Gaslaternen ist anders als Elektrolicht. Während man in Prag neue Gaslaternen installiert, um ein historisches Ambiente zu schaffen, haben wir das Flair direkt vor der Haustür. Im Winter nutze ich die frühen Abendstunden gern für einen Spaziergang in diesem angenehmen Licht. Ulrike von gegenüber ist auch froh, dass die Beleuchtung hier nicht mehr so kalt und grell ist wie früher im Ostteil. In der warmen Jahreszeit sitzt sie oft lange mit ihren Gästen auf dem Balkon und genießt die schöne Atmosphäre.

 

Im Berliner Senat ist man allerdings der Auffassung, dass Straßenbeleuchtung nicht allein dazu da ist, sich wohlzufühlen. Das Sicherheitsgefühl der Bürger sei wichtig und die Verkehrssicherheit. Meine Eltern schimpften bei einem Besuch sogar mal über dieses Schummerlicht, und eine Frau mit Hund, die ich fragte, beklagte sich über den häufigen Ausfall der Laternen. An einigen der grünen Maste entdecke ich Zettel mit einer kostenfreien Nummer, unter der man Störungen rund um die Uhr melden kann.

 

Die Gaslaternen werden einmal im Jahr gewartet, und diese Wartung kostet zusammen mit den Betriebskosten über 500 Euro pro Laterne im Jahr. Allerdings nur bei den Reihenleuchten, die manchmal neun Glühstrümpfe haben. Glühstrümpfe sind das Leuchtmittel der Gaslaterne und werden heute nur noch in Indien produziert.  Die Aufsatzleuchten haben meist nur vier Glühstrümpfe, und die Wartung ist nicht ganz so teuer. Vielleicht habe ich ja mal Glück und sehe, wie jemand die Leiter anstellt, den metallenen Aufsatz hochklappt und die neuen „Strümpfe“ aus der Tasche zieht.

 

Diesen Begriff Glühstrümpfe fand Peter, ein befreundeter Fotograf, in seiner Kindheit immer sehr geheimnisvoll. Er wohnt in der Gartenstadt Atlantic, und die Gaslaternen empfindet er als etwas Typisches für Berlin. Bei Kosten und CO2-Ausstoß sieht er zwar durchaus Potential für Verbesserung, von der Leuchtstofflampe „Jessica“, mit der die Köpfe der so genannten Reihenleuchten ausgetauscht werden sollen, hält er allerdings nicht so viel. Statt 49 Gigawattstunden im Jahr verbrauchen sie zwar nur 1,4 Gigawattstunden, teilen sich mit anderen Leuchtstofflampen jedoch das Entsorgungsproblem. In der Ackerstraße entdecke ich noch Reihenleuchten. Nach 2015 sind sie wohl auch dort verschwunden – und damit ein Stück Berlin, schließlich wurden sie nach dem Krieg in der 1950ern in unserer Stadt entwickelt und getestet.

 

Von der Altbausubstanz steht im Brunnenviertel nicht mehr viel, und so bin ich dankbar, dass zumindest die Gaslaternen erhalten wurden. Sie erzählen mir etwas über die Vergangenheit und schaffen durchaus Lebensqualität. Reicht das nicht für den Denkmalschutz? In einigen Jahren, wenn die LED-Technik bezahlbarer geworden ist, sollen auch diese Aufsatzleuchten auf Elektrobetrieb umgestellt werden. Ihr Design bliebe dabei erhalten. Bei vergleichbarer Lichtqualität werden dann die Betriebskosten erheblich geringer ausfallen. Für die nächsten drei Jahre wird das Licht zwischen den grünen Masten und den graumetallenen Aufsätzen aber noch durch Gas erzeugt. Und hoffentlich noch länger.

 

Corinna Neinaß ist Diplom-Dolmetscherin für Englisch und Spanisch und führt seit 20 Jahren Gäste durch Berlin. 2007 zog sie ins Brunnenviertel und erschließt sich von hier aus Themen für neue Stadttouren, wie zum Beispiel Industrie- und Wohnarchitektur. Die Diskussion über die geplante Abschaffung der Gaslaternen in der Stadt inspirierte sie dazu, für das Kiezmagazin einen Gastbeitrag zu schreiben.

Corinna Neinaß, brunnen 1/4 (Ausgabe 1/2013)
 
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