Kinder, Kunst und Märchen

Am 4. Juni wurde im KulturvorRat die Ausstellung des Kinderkunstprojekts „Ütelek fordert Hans zum Tanz“ eröffnet.

Die Kinder singen zur Eröffnung ihrer Ausstellung.

Melanies Augen leuchten, als sie von der Wanderung mit den anderen Kindern erzählt. Alle haben sich verkleidet und in eine selbst erdachte Figur verwandelt, nun erfinden sie gemeinsam im spätsommerlichen Wald bei Oranienburg ein neues Märchen. Das Bild, das ihre Erlebnisse mit der Gruppe widerspiegelt, zeigt eine schwarzweiß gefleckte Katze, die tief im Wald einen goldenen Zauberstein entdeckt. Er soll den geheimnisvollen Hexenbann lösen, der auf ihr liegt. Sie berührt ihn und verwandelt sich – in eine schwarzweiß gefleckte Kuh.

Hassan ist fünf Jahre alt, wie Melanie. An einem Lagerfeuer im Humboldthain, um das die Kinder gesessen haben, hat er einen Ast angekokelt und ihn als Pinsel für seine monochrom gehaltene Hommage an Jackson Pollock benutzt. Die kleine Nilay hat das Feuer gemalt. Da trifft es sich gut, dass ihre Lieblingsfarben rot, gelb und schwarz sind. Sie will einmal Ärztin werden und möchte für immer im Brunnenviertel wohnen. Das sind drei von fünfzehn jungen Künstlern, die ihre Werke vom 5. Juni April bis zum 9. Juli im KulturvorRat, Ramlerstraße 28A, ausstellen.

Dieses ungewöhnliche Projekt mit dem Titel „Ütelek fordert Hans zum Tanz“ haben zwei Künstlerinnen gemeinsam mit dem City Kindergarten im Brunnenviertel verwirklicht: Kunigunde Berberich, die seit vielen Jahren mit Kindern und Jugendlichen im künstlerischen Bereich arbeitet und zu den GründerInnen der Jugendkunstschule Nordhausen gehört, und Karin Linnenkohl, eine UdK-Meisterschülerin, die als freischaffende Künstlerin in Kreuzberg lebt. Zusammen mit fünfzehn Kindern, die den Kulturmix des Viertels widerspiegeln, haben sie sich der Märchenwelt in unseren Köpfen genähert. Anfangs haben die Mütter und Großmütter der Kinder Geschichten aus ihren Heimatländern erzählt. Bei Ausflügen in den Wald konnten die Kinder diese Anregungen in eigene Erlebnisse umsetzen, die Geschichten nachspielen und neue Geschichten erfinden. Die geheimnisvolle Welt des Waldes ist dabei Impuls und Kulisse zugleich, sie ist den Großstadtkindern fremd und als Ort einer Märchenhandlung doch wieder seltsam vertraut. Sie verkleiden sich auf diesen kleinen Reisen in eine andere Wirklichkeit, sie sammeln Äste und Steine, sie fotografieren sich selbst und ihre Umgebung, sie spielen mit Identitäten und Wahrnehmungen und lassen sich von der Magie der Feuers verzaubern.

Diese Erlebnisse, dieses Material in ihren Köpfen und Händen, haben die Kinder künstlerisch verarbeitet: Fotos und gefundene Objekte werden bemalt, zerschnitten, beklebt und zu Collagen geformt. Während einer Performance auf dem Vinetaplatz schlüpfen sie in ihre neuen phantastischen Rollen und bemalen die Bäume. Selbst aus der Asche des Feuers entstehen neue Bilder, alles ist erlaubt, nur der künstlerische Ausdruck zählt. Die Ergebnisse dieses Projekts, die in der Ausstellung gezeigt werden, machen den Erfolg deutlich: Auf den Bildern der Kinder ist nicht mehr das übliche Ensemble aus Haus, Baum und Sonne zu sehen, hier spürt der Betrachter die schöpferische Energie der jungen Künstler. Tatjana Köppe, die als Erzieherin das Projekt begleitet hat, berichtet von den positiven Veränderungen, die ausgelöst wurden. Defensive Kinder haben sich geöffnet, sie haben Selbstvertrauen gewonnen und den Mut entwickelt, die eigenen Fähigkeiten zu entdecken und zu erproben. Das Projekt wird vom Berliner Projektfonds Kulturelle Bildung und vom Quartiersmanagement Brunnenviertel-Brunnenstraße gefördert.

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