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Eine poetische Unterhaltung
Mehr als 200 Besucher kamen zur Lesung mit Nevfel Cumart im Diesterweg-Gymansium
Am Anfang liest er Liebesgedichte. Eins oder zwei, manchmal drei: Sie sind kurz, sehr persönlich und haben diese besondere Sprachmelodie, die wie Musik klingt. Wenn der in Deutschland geborene türkische Schriftsteller Nevfel Cumart seinem Publikum vorliest, beginnt er oft mit Liebesgedichten. Auch in der Aula des Diesterweg-Gymansiums nahm er am Donnerstag so den Faden auf. Mehr als 200 Zuhörer saßen im Publikum – Schüler/innen, Lehrer/innen, Literaturinteressierte aus dem Umfeld des Türkisch-Deutschen Zentrums in Berlin. Sie erlebten einen unterhaltsamen, kurzweiligen Abend mit den Gedichten des 1964 geborenen Lyrikers.
Ungefähr 1500 Gedichte hat Nevfel Cumart bisher veröffentlicht, vierzehn Gedichtbände sind erschienen. Bei der Lesung im Brunnenviertel hörte das Publikum nur sehr wenige davon, denn der vielfach ausgezeichnete Dichter ist nicht nur Autor, er ist auch ein unterhaltsamer Geschichtenerzähler, ein begabter und charmanter Entertainer. Er las ein Gedicht, verzichtete auf bedeutungsschwere Kunstpausen und wechselte schnell zur Anekdote, von Anekdote zu Gedicht und schnell zurück. Gesprochenes und gelesenes Wort flossen ineinander und gaben dem Abend eine angenehme Leichtigkeit.
Die Lesung mit Nevfel Cumart hatte wenig von einer klassischen Autorenlesung, sie war mehr eine poetischen Unterhaltung mit dem Publikum. Cumarts Einladung zum Dialog nahmen die Zuhörer schnell an. Die Jugendlichen und Erwachsenen stellten viele Fragen, die der Dichter ausführlich beantwortete. Das Interesse des Publikums galt insbesondere seinem persönlichen Lebensweg und seinem türkischen Familienhintergrund. Nevfel Cumart erklärte unter anderem, dass er sich selbst nicht als Mustertürke, als erfolgreichen und integrierten Menschen, sehe. Dennoch eignet sich der Schriftsteller aus Bamberg als Vorbild und entsprechend waren auch seine Botschaften an sein überwiegend jugendliches Publikum: Lernt, macht etwas aus euch! Seid tolerant, macht euch Gedanken über euch und die Welt! Dass er dabei nicht belehrend daher kam, brachte ihm die Sympathie der Jugendlichen.
Dann wieder ein Gedicht. Über die Liebe, seine kleine Tochter Amelia, über Kairo, übers Fremdsein oder über eine Reise in die Türkei. Narrative Lyrik nenne sich das, was er macht und was er macht, hat weder Reim noch klassisches Versmaß. Es trägt Gedanken und Gefühle schrankenlos ins Publikum. Nevfel Cumart schafft den Spagat, ernsthafte Gedichte mit ernstem Hintergrund mit so viel Humor zu präsentieren, dass die Schüler/innen aus dem Wedding gleichzeitig lachen und nachdenklich werden. Das konnte man an den Gesichtern ablesen als die als „Wanderung zwischen den Kulturen“ angekündigte Veranstaltung mit zwei wieder sehr persönlichen Gedichten über Cumarts Tochter endete.
Dominique Hensel
