Die Mitarbeit im Quartiersrat läuft weiter – Corona hin oder her!

Was ist in Corona-Zeiten eigentlich mit dem Engagement für den Kiez? Quartiersrat Dan Wollschläger erzählt im Interview von der Arbeit des Gremiums unter den aktuellen Bedingungen, von neuen technischen Möglichkeiten und Dingen, von denen es im Brunnenviertel jetzt noch mehr geben sollte.

Seit wann bist Du Quartiersrat und welche Themen willst Du voranbringen?

Dan Wollschläger: Ich habe im Frühjahr 2018 entschieden, mich als ehrenamtlicher Quartiersrat hier im Brunnenviertel, in dem ich seit 2014 wohne, zur Wahl zu stellen. Im Quartiersrat engagiere ich mich seit meiner Wahl im Herbst 2018 gemeinsam mit weiteren Bewohnern und Institutionen zu sehr unterschiedlichen Themen. Einmal monatlich besprechen wir Ideen, Vorschläge, Bedarfe und Wünsche aus der Bewohnerschaft, fällen aber auch Beschlüsse über Förderungen von Projekten oder werten ausgelaufene Projekte aus.

Die persönlichen Beweggründe für mein Engagement: Ich wollte mich dafür einsetzen, dass die Graunstraße endlich zu einer wirklichen Tempo 30-Zone wird, da hier viele Familien mit kleinen Kindern und Senioren wohnen sowie Tageseltern, Kitas und eine Schule ansässig sind. Und ich wollte gern Bewohner aus dem Brunnenviertel dabei unterstützen, ihre eigenen kleinen Projekte zu verwirklichen, wie wir zum Beispiel den Elstergarten als Treff und Austauschmöglichkeit von Nachbarn.

dan wollschlaegerQuartiersrat Dan Wollschläger. Foto: privat

Alle haben in der Coronakrise sehr mit der Bewältigung ihres Alltags zu tun. Ist da jetzt eigentlich der richtige Zeitpunkt für ehrenamtliches Engagement wie das im Quartiersrat? 

Dan Wollschläger: In Krisen schaut jeder immer zunächst bei sich selbst, dass man erst mal überhaupt versteht, was los ist und was man selber tun muss oder besser lassen sollte und was das konkret für die eigene Familie, Freunde und Nachbarn bedeutet. Da ja jeder von uns Menschen (hoffentlich) sehr auf die eigene Gesundheit und damit auch auf die der anderen achtet - ohne Gesundheit ist alles nichts -, versuchen nun wir alle mit dieser äußerst ungewohnten und herausfordernden Situation klarzukommen. Wie lange das Ganze dauern wird weiß aktuell kein Mensch.

Daher ist es wichtig, schon jetzt zu schauen, wo und auf welche Art ich mich auch in der jetzigen Situation weiter engagieren kann. Für mich ist das etwa unser wunderbarer Mietergarten, der Elstergarten. So wurde eine geplante Gartensprechstunde kurzfristig online durchgeführt, das klappte technisch ganz einfach und war sehr produktiv. Einige mitgärtnernde Nachbarn verabreden sich ebenfalls online und arbeiten dann abwechselnd an ihren Beeten, ohne sich direkt zu begegnen. Schön, dass wir durch den Garten als Nachbarn alle so zusammengewachsen sind! Und gleichzeitig schade, dass wir alle einen räumlichen Abstand wahren müssen und unser angedachtes Frühlingsfest verschieben mussten …

Mit anderen Worten: Jeder, der oder die etwas machen möchte, was unser Brunnenviertel bereichert, kann auch jetzt damit loslegen. Es gibt neben viel Information und Rat auch regelmäßig die Möglichkeit, durch finanzielle Unterstützungen aus dem Quartiersmanagement das geplante Projekt anzugehen. Und da wir alle jetzt gerade etwas mehr Zeit und auch weniger Ablenkung haben, wäre es doch wunderbar, eine eigene Idee vielleicht sogar zusammen mit anderen konkret anzugehen. Und da kommt der Quartiersrat ins Spiel: Größere Projekte wägen wir dort gemeinsam ab, bevor diese dann gestartet werden. Hängt ja schließlich eine Menge Geld und Arbeit dran, wenn es ein Projekt mit Hand und Fuß ist. Also, die Mitarbeit im QR läuft weiter – Corona hin oder her!

Du warst bei der letzten Quartiersratssitzung, vor der Kontaktsperre, schon nicht mehr persönlich dabei. Du hattest Dich stattdessen digital zuschalten lassen. Wie war das, wie findest Du diese neuen Techniken, die jetzt überall eingesetzt werden?

Dan Wollschläger: Am Montag, den 2. März traf ich mich mit Christiane Wiegand und Katja Niggemeier vom Quartiersmanagement zur Vorbereitung der kommenden QR-Sitzung. Dort diskutierten wir bereits darüber, die Sitzung bei weiterer Verschärfung der Corona-Krise nicht real, sondern virtuell stattfinden zu lassen. Entsprechende Konferenzsoftware, teilweise sogar kostenfrei, ist am Markt verfügbar und leicht nutzbar. Da muss man weder ein Studium für ablegen noch hochwertiges Equipment nutzen.

Aus meiner Sicht war es schon zu diesem Zeitpunkt nicht mehr verantwortbar, ein Treffen von 20 bis 25 Leuten in einem geschlossenen Raum durchzuführen. Daher ließ ich mich gemeinsam mit einem weiteren Mitglied des Quartiersrates zur QR-Sitzung am 10. März dazu schalten. Wir konnten uns per Cam und Mikrofon mit Redebeiträgen einbringen, wurden in Abstimmungen eingebunden und konnten die Gespräche derjenigen, die sich persönlich trafen, aktiv mitverfolgen.

Ich bin überzeugt, dass die Digitalisierung hier eine sehr positive Rolle spielen kann, schließlich verfügen wir fast alle über digitale Endgeräte wie Smartphones, Computer, Laptops, Tablets etc. Diese Geräte lassen sich sehr gut für kommunikative Zwecke einsetzen, das wissen wir alle aus unserem Privatbereich. Chatten, skypen, mailen, streamen und so weiter – warum soll sich das nicht auch für die berufliche oder ehrenamtliche Arbeit nutzen lassen? Es ist wirklich von Vorteil, wenn man nicht immer an dem Ort persönlich erscheinen kann, wo Einsatz oder Engagement verlangt wird. Gerade wenn es die räumliche Entfernung oder wie jetzt aktuell die gesundheitliche Situation erfordern. Nach meiner Überzeugung wird diese Art des digitalen Zusammenarbeitens künftig stärker genutzt werden, auch nach der Corona-Krise, da wir gerade lernen (müssen) damit professionell umzugehen.

Was kann ein Quartiersrat jetzt überhaupt tun?

Dan Wollschläger: Im Quartiersrat sitzen ja die gewählten Vertreter der Bewohnerschaft des Brunnenviertels. Wir werden natürlich auch in der jetzigen Situation weiter miteinander arbeiten, wenn nötig in der eben beschriebenen Art und Weise. Es gilt schließlich, Entscheidungen über künftige Projekte zu fällen, die etwas Positives bewirken sollen in unserem Brunnenviertel. Dazu stehen die Termine bereits fest, das Bezirksamt Mitte beziehungsweise der Senat machen hier die Vorgaben.

Natürlich ist auch zu diskutieren, welche konkreten Bedarfe wir durch die neue Situation erwarten werden, wie wir die vom Bezirksamt Mitte zugesagten Gelder aus dem Fonds „Soziale Stadt“ sinnvoll investieren wollen. Es gibt ja schon jede Menge laufender wahnsinnig toller Projekte. Zeit, eine Pause einzulegen gibt es nicht. Daher erwarte ich weiterhin ein engagiertes Zusammenarbeiten aller Quartiersratsmitglieder aus der Bewohnerschaft und den ansässigen Institutionen. Und wer jetzt noch nicht gerüstet ist für eine stabile digitale Kommunikation, muss einfach dringend aufholen.

Wie gehst Du mit der aktuellen Krise privat um?

Dan Wollschläger: Ich persönlich verändere mich aktuell beruflich, werde künftig auch beruflich bedingt mehr unterwegs sein und weiß daher noch nicht genau, was das für mein Zeitbudget bedeuten wird. Vorübergehend arbeite ich im aktuell viel zitierten Homeoffice, da ich bei einem Arbeitgeber tätig bin, für den die Gesundheit seiner Mitarbeitenden in erster Reihe steht.

Ich plane, mein aktives Engagement im Quartiersrat fortzuführen, weil ich es für äußerst wichtig halte, dass sich jeder mit seinen Fähigkeiten und Interessen auch ein Stückchen um seinen eigenen Kiez kümmert. Daher freue ich mich immer wieder sehr, wenn es Bewohner gibt, die sich für die Arbeit des Quartiersrat interessieren und sich möglicherweise auch dort engagieren möchten. Ich glaube, im Herbst 2020 stehen wieder Wahlen dazu an, näheres erfährt man dazu auf den Internetseiten des Quartiersmanagements.

Was sollte im Brunnenviertel Deiner Meinung nach noch verbesser werden?

Dan Wollschläger: Wir brauchen hier alle noch ein bisschen mehr Miteinander, nicht nur ein akzeptiertes Nebeneinander. Quer durch alle Altersklassen und Religionen, Hautfarben und Ethnien. Daher freue ich mich insbesondere, dass sich ein neues Projekt gerade etabliert, der regelmäßige Flohmarkt „Weiterreich“ und ein hoffentlich im Spätsommer stattfindendes Kiezfest. Auch hier sind Ideen und Wünsche aus der Bewohnerschaft, aber ebenso ein Anpacken und Mitmachen gefragt.